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POLITiS Studienkreis
31.05.2014

Reicht ein Schmalspur-Konvent für die Autonomiereform?

Reicht ein Schmalspur-Konvent für die Autonomiereform?

Zu Recht hat Senator Palermo Eile bei der Statutsreform angemahnt, weil die Verfassungsreform der Regierung Renzi einige seit 2001 erreichte Errungenschaften der Regionen mit Sonderstatut wieder rückgängig machen könnte. Das jetzige Zeitfenster sei zu nutzen. Obwohl LH Kompatscher für diesen Zweck bereits einen Autonomiekonvent angekündigt hat, sind weder die Öffentlichkeit noch die Parteien bisher auf diese institutionelle Neuerung eingegangen, die mit Landesgesetz eingerichtet werden muss. Allerdings zeichnet sich jetzt schon eine Art "Schmalspur-Konvent" ab, der der Bedeutung dieses Reformprojekts nicht gerecht werden kann.

Für die Revision des Autonomiestatuts stünden verschiedene Verfahren zur Auswahl. Der Landtag könnte über diese Reform ganz alleine befinden (den endgültigen Vorschlag muss ohnehin der Landtag verabschieden und an den Regionalrat weiterleiten), oder einen Expertenbeirat beiziehen oder aber einen Konvent einrichten, in welchem auch Landtagsabgeordnete vertreten sind. Erfahrungen mit Statutsreformen über einen derart ernannten Konvent in anderen Regionen (Aostatal, Friaul Julisch Venetien) haben gezeigt, dass diese Form zu kurz greift. Es braucht vielmehr eine breit aufgestellte Versammlung, um die Bevölkerung miteinzubeziehen und um dem Ergebnis politische Legitimation zu verschaffen. Ein echtes Gewicht erhält eine solche Versammlung erst, wenn die Vielfalt der politischen Landschaft hierzulande abgebildet und die Bürgervorschläge wirklich aufgenommen werden. Andernfalls riskiert man eine Art "Mitmachfalle", die die Bürgerinnen in Nebenveranstaltungen debattieren lässt, die eigentlichen Entscheidungen doch ausschließlich den Experten vorbehält. Auch aus diesem Grund hat eine Mehrheit der Sarden vor genau zwei Jahren mit einem Referendum ihrem Regionalrat den Auftrag gegeben, einen direkt gewählten Konvent zur Reform des Autonomiestatuts einzurichten.

Eine solcher Weg ist für Südtirol (und das Trentino) durchaus auch gangbar, rechtlich und politisch. Eine gute Vorbereitung auf Inhalt und Verfahren dieses anstehenden Reformprozesses bietet nun die eben erschienene Publikation "Mit mehr Demokratie zu mehr Autonomie" der Sozialgen. POLITiS (mit dem SBZ). Sie sammelt die Beiträge von 25 Fachleuten zu einem Bildungsprojekt, das in den letzten Monaten den Reformbedarf an der Südtirol-Autonomie ausgeleuchtet hat. Politiker verschiedener Parteien, Wissenschaftlerinnen, Aktivisten von Bürgerorganisationen kommen zu Wort. Eine im Rahmen des Projekts durchgeführte Online-Umfrage hat interessante Ergebnisse zu den Präferenzen der Südtiroler bei der Überarbeitung des Statuts gebracht.

Der Band schließt mit einer Reihe von Vorschlägen für mehr Bürgerbeteiligung bei der Autonomiereform. Das Anliegen verdient eine möglichst breite Partizipation über den Landtag und nur nominierte Institutionenvertreter hinaus. Mein eigener, in dieser Publikation näher erläuterter Vorschlag dazu: die Einbeziehung von möglichst vielen Bürgern und Bürgerinnen in dieses Verfahren kann nur gelingen, wenn der zukünftige Konvent direkt gewählt wird und die Bürger optimal ausgestaltete Beteiligungsrechte erhalten. Die Publikation ist im Buchhandel erhältlich oder über POLITiS zu beziehen (info@politis.it). In deutscher und italienischer Version verfügbar.

Thomas Benedikter (Hg.), Mit mehr Demokratie zu mehr Autonomie - Bürgerinnen und Bürger reden mit - Ergebnisse eines Bildungsprojekts (POLITiS-SBZ), ed. ARCA 2014, 160 S., ISBN 978-88-88203-50-8
 

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